"Entspann dich Bud wir alle haben neun Monate lang Flüssigkeit geatmet, der Körper wird sich daran erinnern." Dieser Satz aus dem Kultfilm Abyss hat die Fantasie und Spekulationen an die Flüssigkeitsatmung und deren Vorteile angeheizt. Wie aber ist der Stand der Forschung und wann wird zum ersten Mal Flüssigkeit als Atemgasersatz eingesetzt?
Warum Flüssigkeitsatmung?
Das Hauptproblem beim Tauchen mit Pressluft ist, dass der Gasdruck in der Lunge gleich dem Druck außerhalb des Körpers sein muss, das Atemgas also unter hohem Druck stehen muss. Die absolute Konzentration (Teilchenzahl) der Gasmoleküle ist parallel zum Druck enorm erhöht, was wiederum dazu führt, dass sich Stickstoff im Körpergewebe anreichert und der Wiederaufstieg nur mit Dekompressionsstopps möglich ist.
Wenn man das Atemgas aber durch Flüssigkeit, die Sauerstoff enthält, ersetzen würde, könnte sich der Druck in und um den Körper angleichen, ohne dass wir Gas mit hohen Konzentrationen einatmen müssten. Da sich kein Stickstoff im Körper anreichern kann, würde die Dekompression unnötig. Auch die mit Gas unvermeidlichen Begleiterscheinungen, wie Embolien oder Stickstoffnarkose, wären nicht mehr existent. Der Vorteil für den Taucher sind der Wegfall der Dekompression und trotzdem eine nahezu unbegrenzte Tauchtiefe.
Die Forschung
Erste Überlegungen zur Flüssigkeitsatmung wurden bereits Mitte der 6oer Jahre angestellt, als Dr. j. Kylstra, Physiologe an der State University of New York in Buffalo erkannte, dass Salzlösungen unter hohem Druck mit Sauerstoff gesättigt werden können. In Folge dieser Feststellung wurden Experimente angestellt, ob Mäuse in der Lage sind, diese Salzlösung zu atmen. Mäuse und Ratten konnten aus der Lösung genug Sauerstoff beziehen, um bis zu 18 Stunden zu überleben.
Das Problem war nicht die Sauerstoffaufnahme, sondern die Kohlendioxidanreicherung in der Flüssigkeit, da sich der C02-Spiegel bis zur Giftigkeit aufbaute.
Im Jahre 1966 wurde ein weiterer Forschungsdurchbruch erreicht, als entdeckt wurde, dass Fluorkohlenwasserstoffe Sauerstoff und Kohlendioxid leicht lösen. In den Folgejahren wurden diese Ergebnisse weiter verfeinert. Die momentan besten Lösungen, die Anfang der 90er Jahre entwickelt wurden, können bis zu 65 Milliliter Sauerstoff und 228 Milliliter Kohlendioxid pro 100 Milliliter Flüssigkeit aufnehmen. Mit diesen Lösungen wurden Versuche mit Hunden angestellt - mit dem Resultat, dass diese problemlos bis zu zwei Stunden mit Flüssigkeit in der Lunge überlebten und sich danach wieder an die Luftatmung anpassten. Nach dem Ende dieser Testreihe begannen dann die Versuche an Menschen.
Es ist nicht bekannt, zu welchem Ergebnis die in erster Linie von der US-Navy finanzierten Testreihen führten. Der Grund: Alle Resultate sind als »streng geheim« eingestuft.
Medizinische Anwendungen
Ein Resultat hat der Forschungsaufwand bereits gebracht. Unter dem Namen LiquiVent wird eine Atembahre Flüssigkeit bereits klinisch eingesetzt, um Patienten,
deren Lunge kollabiert ist, zu retten, denn wenn die Flüssigkeit in die Lungen kommt, entfaltet sie ohne Druck die Lungenbläschen und erlaubt den Austausch von Sauerstoff und C02. Die Anwendung beschränkt sich im Moment auf die Behandlung von Frühgeborenen, deren Lungen noch nicht voll funktionsfähig sind. Erst kürzlich bewies eine Studie die Wirksamkeit der »Flüssigkeitsbehandlung« an Säuglingen, die zwischen 24 und 76 Stunden damit beatmet wurden und danach eine deutlich verbesserte Lungenfunktion aufwiesen.
Nach Ende der Behandlungszeit konnte ohne Probleme und Nebenwirkungen wieder auf Luft-Atmung umgestellt werden. Studien mit erwachsenen Patienten laufen zur Zeit noch; die ersten Ergebnisse sind viel versprechend. Allerdings ist es vom Medikament zur »Betauchbahren« Lösung noch ein langer Weg mit zahlreichen Problemen.
Problematik.
Wenn das Atemgas des Tauchers durch Flüssigkeit
ersetzt würde, ergäben sich einige bislang noch ungelöste
Probleme, denn der menschliche Körper ist auf das Leben in Gas-Atmosphäre
eingestellt. Ein erster Punkt ist der Druckausgleich, denn wenn es kein
Gas in der Lunge gibt, kann auch der Druck in den luftgefüllten Hohlräumen
des Körpers nicht ausgeglichen werden. Bei Flüssigkeitsatmung
müssen also auch alle Hohlräume gefüllt werden.
Ein zweites Problem ist die Kommunikation zwischen Taucher und Oberfläche. In Flüssigkeitsatmosphäre ist das Sprechen nicht möglich. Außerdem ist das Problem des Sehens in einer Flüssigkeitsumgebung noch nicht gelöst, denn die Augen brauchen einen luftgefüllten Raum, um einwandfrei fokussieren zu können. Die einzige Lösung wären Kontaktlinsen, die den Brechungsindex ausgleichen, denn alle anderen Lösungen mit Tauchmasken würden Dekompressionsschäden an den Augen verursachen, da das Gas durch die Haut ins Gewebe dringen würde.
Fazit:
Die Flüssigkeitsatmung ist für Sporttaucher im Moment noch Science Fiktion. Allerdings sind die bisherigen Ansätze viel versprechend. Wie bei vielen technischen Entwicklungen ist die militärische Forschung vermutlich schon wesentlich weiter, und es ist nicht ausgeschlossen, dass die US-Marine bereits Tauchgeräte nach diesem Prinzip einsetzt. Das sind allerdings Spekulationen, die durch die Dementis von Seiten des Militärs noch geschürt werden.