Als er an den Ideen des März 44 v. Chr. auf dem Kapitol in Rom
unter dreiundzwanzig Dolchstichen zusammenbrach, glaubten die Verschwörer
mit ihren Anführern, den Senatoren Brutus und Cassius, die römische
Adelsrepublik gerettet zu haben. Das Gegenteil war der Fall: Cäsars
Tod stand an der Schwelle des fünfhundertjährigen römischen
Kaiserreichs, einer Militärmonarchie, für die er alle Voraussetzungen
geschaffen hatte, und sein Name wurde "als Inbegriff irdischer Machtvollkommenheit
zum staatsrechtlichen Gattungsbegriff". Die römischen Herrscher seit
Augustus trugen ihn als ehrenden Beinamen, im Byzantinischen Reich wurde
"Caisar" daraus, im Deutschen "Kaiser" und im Russischen und Bulgarischen
"Zar".
Gaius Julius Cäsar entstammte dem angesehenen, aber verarmten
altrömischen Adelsgeschlecht der Julier und wurde im 7. Monat- der
später zu seinen Ehren den Namen "Juli" erhielt - des Jahres 100 v.Chr.
geboren. Der junge Patrizier genoß eine umfassende Bildung und wuchs
in einer Zeit auf, in der das Gebiet, das die römische Militärmacht
beherrschte, sich weit über den Mittelmeerraum hinaus nach Norden,
Osten und Südosten ausdehnte. Im Innern aber war die Ordnung in Rom
schon seit längerem durch politische Krisen erschüttert und in
einen Strudel von Bestechungen, Verschwörungen und Bürgerkriegen
geraten.
Der einst so vorbildliche Senat, der über lange Perioden der römischen
Republik das tragende Element des Staates dargestellt hatte, entwickelte
sich zu einem Instrument eigensüchtiger Adelsherrschaft. Zwei Gruppen,
die um die Macht kämpften, verfolgten sich mit Mord und Totschlag:
die reformfeindlichen Optimaten ("zu den Besten gehörig") als die
Senatspartei und die Popularen ("Volksmänner"), in deren Reihen sich
auch Männer von Rang und Namen befanden und die mit dem Volk gegen
den allmächtigen Senat Politik machen wollten.
Cäsar stand schon in seiner Jugend den Popularen nahe. Sein Onkel
war der berühmte Feldherr Manus gewesen, der die Kimbern und Teutonen
besiegt hatte und im Alter in einem blutigen Bürgerkrieg gegen seinen
großen Rivalen Sulla und die Optimaten die Sache der Popularen vertrat.
Cäsar hatte sehr jung die Tochter eines der eifrigsten Gefolgsleute
des 86 verstorbenen Manus geheiratet und wurde somit in die Auseinandersetzungen
zwischen dem siegreichen Diktator Sulla und den Anhängern des Manus
hineingezogen, geächtet, verfolgt und zum Militärdienst in Kleinasien
begnadigt.
Sein "Eintritt in die Geschichte" begann 78, als er nach dem Tode Sullas
nach Rom zurückkehrte. Systematisch begann er, die Voraussetzungen
für die spätere Übernahme der höchsten Staatsämter
zu schaffen und verschmähte dabei keines der damals üblichen
Mittel, unter denen hohe Bestechungsgelder durchaus an der Tagesordnung
waren. Dabei setzte er von Anfang an auf einen starken Rückhalt beim
Volk und die Unterstützung durch die Gegner des Senatorenregimes.
In M. L. Crassus, der den Beinamen Dives ("der Reiche") führte und
den großen Sklavenaufstand unter Spartacus niedergeschlagen hatte,
gewann er eine der maßgebendsten römischen Persönlichkeiten
für sich. Crassus suchte sich Cäsar gegen seinen Rivalen, den
Feldherrn Pompejus, zu verpflichten, den seit Sulla mächtigsten Römer.
Er bezahlte die riesigen Schulden des ehrgeizigen Juliers, bis dieser später
in seinen Ämtern Gelegenheit genug fand, sich "angemessen" selbst
zu bereichern.
Wenn Crassus aber geglaubt hatte, in Cäsar das geeignete Werkzeug
für sein Machtstreben gefunden zu haben, so war das Gegenteil der
Fall. Cäsars eigentliche Ämterlaufbahn begann Anfang der sechziger
Jahre. Als Ädil, dem u. a. die Verantwortung für die Veranstaltung
der öffentlichen Festlichkeiten und Spiele oblag,
bemühte er sich, getreu dem Grundsatz: "Brot und Spiele!" ("panem
et circenses"), die Gunst der Bevölkerung durch hinreichende materielle
Versorgung und prunkvolle Feste zu erhalten. Das verschlang ungeheure Summen,
aber Crassus zahlte.
Gestützt auf ihn und auf die Massen Roms wurde Cäsar 63 als
Pontifex Maximus an die Spitze des Priesterkollegiums gestellt. 62 machte
man ihn zum Prätor, dem für die Zivilgerichtsbarkeit Roms zuständigen
höchsten Beamten, und 61 ging er als Proprätor (Provinzstatthalter)
in das südliche Spanien. Jetzt war sein Einfluß bereits so groß,
daß es ihm gelingen konnte, in einem geschickten Schachzug die beiden
Rivalen Pompejus und Crassus in einem Geheimabkommen, dem Triumvirat, mit
sich zu verbinden, um den Senat einzuschüchtern (6o). Ohne die Zustimmung
der drei Männer sollte im Staat nichts mehr geschehen.
59 wurde Cäsar als Konsul zum Herrn in Rom. Seinen Mitkonsul (das
Konsulat wurde stets von zwei Männern verwaltet) wußte er geschickt
auszuschalten. Unter dem Beifall des Volkes setzte er gegen den Senat mehrere
sozial- und agrarpolitische Gesetze durch. Als Prokonsul ließ er
sich die Verwaltung der Provinz Gallien und den Oberbefehl über vier
Legionen (je 6ooo Soldaten) übertragen. Damit begann die weltgeschichtliche
Bedeutung des Feldherrn Cäsar. Mit seinen ihm blindlings ergebenen
Legionären stieß er weit über die Grenzen der Provinz,
zu der damals nur Oberitalien und das heutige Südfrankreich gehörten,
hinaus. Ohne von Rom dazu ermächtigt zu sein, unterwarf er von 58
bis 51 das gesamte freie Gallien zwischen Rhein und Pyrenäen. Dabei
erwies er sich als hervorragender militärischer Taktiker und Organisator.
Seine Nachschub- und Nachrichtendienste waren einmalig, seine Pioniere
unübertroffen. Zweimal ließ er Brücken über den Rhein
schlagen und drang in das freie Germanien vor, mehr zur militärischen
Demonstration als aus Eroberungsabsichten. Als sein eigener Kriegsberichterstatter
informierte er die Hauptstadt über den "Gallischen Krieg." Niemals
ließ er bei seinen militärischen Unternehmungen die politischen
Verhältnisse außer acht.
Nachdem Crassus bei einem Feldzug gegen die Parther 53 umgekommen und
Pompejus 52 vom Senat zum "Konsul ohne Kollegen" ernannt worden war, spitzte
sich das Verhältnis zwischen den beiden Mächtigen zu. Als der
Senat auf die Forderung des Pompejus einging, von Cäsar die Aufgabe
seines Kommandos in Gallien und die Entlassung des Heeres, inzwischen waren
es elf Legionen, aus seiner Befehlsgewalt zu verlangen, hielt dieser seine
Stunde für gekommen.
Mitte Januar 49 überschritt er mit den ersten Truppen den kleinen
Grenzfluß Rubicon, der das Mutterland vom südlichsten Teil der
gallischen Provinz trennte. Dabei soll er auf griechisch zitiert haben:
"Der Würfel ist gefallen!" Das bedeutete Bürgerkrieg. Pompejus
verteidigte Rom nicht und zog sich mit seinen Anhängern nach Griechenland
zurück. Cäsar brachte ganz Italien unter seine Herrschaft, schlug
die Kerntruppen des Pompejus in Spanien und besiegte diesen selbst bei
Pharsalus in Mittelgriechenland (48). Er verfolgte den Flüchtigen
nach Ägypten, wo dieser ermordet wurde. Erst bei Thapsus an der Küste
Tunesiens (46) und bei Munda in Spanien (45) konnte Cäsar die letzten
Anhänger seines großen Gegners endgültig besiegen.
Nachdem ihn der jetzt unterwürfige Senat zum Diktator ernannt
hatte, standen ihm alle Möglichkeiten offen, Staat und Gesellschaft
nach seinen Plänen neu zu gestalten. Dazu gehörten u. a. große
Siedlungsvorhaben für das städtische Proletariat in den Kolonien,
der Ausbau der Hauptstadt, die Tiberregulierung, Erweiterung Ostias zu
einem Großhafen und ein gigantisches Straßenbauprogramm. Es
gelang ihm, dem Weltreich eine einheitliche Zeitrechnung zu geben (46),
die vom Mondjahr abging und auf dem Sonnenjahr der Ägypter (365 1/4
Tage) beruhte. In den Provinzen genoß er bereits göttliche Ehren,
seine Erhebung zum "Gottkönig" schien nur noch eine Frage der Zeit
zu sein, da trafen ihn, bevor er zu einem neuen Feldzug gegen die Parther
aufbrechen konnte, die Dolche der Verschwörer. Cäsar starb kinderlos,
zum Erben setzte er seinen Großneffen Gaius Octavius ein. 31 v Chr.
trat er an die Spitze des Römischen Reiches und nahm 27 v Chr. den
Ehrentitel „Augustus“ (lateinisch: der Erhabene) an. Mit Augustus beginnt
die Kaiserzeit in der römischen Geschichte.
Cäsar war zweifellos eine der genialsten Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Sein Wirken, so umstritten es sein mag, strahlt noch bis in unsere Gegenwart aus. Die Romanisierung Galliens, die unter ihm ihren Anfang nahm, und die Bedeutung, die er dem Grenzfluß Rhein beimaß, sind für die spätere französische und deutsche Geschichte nicht mehr wegzudenken. Auch noch im heutigen Italien, insbesondere in Rom, begegnet man den Spuren des Juliers. Sein Kalender bildet die Grundlage für unsere Zeitrechnung, die lediglich unter Papst Gregor XIII. 1582 modifiziert wurde. Sein Buch vom "Bellum Gallicum" wurde zur Standardlektüre für den Lateinunterricht. Bedeutende Dichter versuchten, das Phänomen Cäsar dramatisch zu erfassen, so Shakespeare (i 599), Corneille (1641), Voltaire (173I) und Shaw (1901). Unzählige Biographien wurden über ihn geschrieben. Noch immer aber ist Gaius Julius Cäsar in der "Universalgeschichte unausschöpfbarer Mythos des Machtgebrauchs".