Die
Regenbogengeschichte
Die ersten Sonnenstrahlen kamen über das Meer, mit
ihrem gelb-roten Licht berührten sie den Zauberwald um seinen Bewohnern den
neuen Tag zu verkünden.
Ein schöner Tag erwachte und schickte seine Boten in
die Welt hinaus. Die ersten wärmenden Sonnestrahlen suchten ihren Weg durch die
Wipfel und Blätter der Bäume. Der Wind rauschte durch die Blätter und sang das
Lied des Neubeginns. Die Bewohner des Zauberwaldes ließen sich von Wind und
Sonne wecken, in der Ahnung, dass ihnen heute ein besonders schöner Tag
geschenkt werden würde.
"Für solch einen besonderen Tag sollte man sich
putzen, ihm mit gebührendem Respekt begegnen" beschlossen die Bewohner des
Zauberwaldes und machten sich an ihre Arbeit. Die Sonne wärmte das Gefieder der
Vögel. trocknete das Fell der Tiere und verbreitete Fröhlichkeit mit jedem ihrer
Strahlen. Der Wind fegte den Staub von den Blättern und Wegen, der Zauberwald
war für diesen schönen Tag bereit und empfing ihn mit offenen Armen.
Plötzlich verdunkelte sich der Himmel - eine große
schwarze Wolke ließ die Sonne für kurze Zeit verschwinden, doch ihre Strahlen
suchten ihren Weg am Rand der Wolke vorbei und auch durch sie hindurch. Die
Bewohner des Zauberwaldes blickten erwartungsvoll zum Himmel.
Genau in diesem Moment kündigte der Wind einen Gast
an, der für die Zeit der Dunkelheit in den Baumwipfeln des Zauberwaldes Schutz
suchte - ein Falke. Schnell war der schönste und sicherste Baum ausgesucht, der
Falke wurde mit aller Gastfreundlichkeit empfangen und eingeladen, sich zu Hause
zu fühlen.
Kaum dass der Falke seinen sicheren schützenden Platz
eingenommen
hatte, ergoss sich die schwarze Wolke in großen
schweren Regentropfen. Das Wasser fiel hernieder und tränkte die getrocknete
Erde, gab den Pflanzen und Tieren die Kraft des Lebens wieder. Die Wolke zog
weiter, doch der Regen blieb noch.
Am Horizont erblickte der Falke mit seinen scharfen
Augen ein helles Licht, das ihn magisch anzog. Er spannte seine Flügel und sein
vertrauter Freund der Wind, führte ihn direkt in das Licht. Als der Falke näher
kam, entdeckte er wunderschönen Farben, die ihn magisch anzogen, die schweren
Regentropfen im Gefieder spürte er nicht - nur den Wunsch, diesem wundervollen
Leuchten so nah wie möglich zu sein.
Mit seinen Flügeln wollte er dieses Licht in den
wunderschönsten Farben, wollte er diesen leuchtenden Regenbogen umarmen und ihn
festhalten. Seine Bewunderung war grenzenlos, in der Nähe dieses leuchtenden
Schweigens fühlte er sich geborgen und glücklich, hier wollte er bleiben.
Der Regenbogen lächelte ihn an und schenkte ihm seine
ganze Wärme, all seine Farbenpracht, doch seine Traurigkeit, die tief in ihm
wohnte, blieb dem Falken nicht verborgen. Er fragte den Regenborgen, warum seine
Seele so traurig ist, wo er doch so wunderschön sein. Der Regenbogen antwortete
ihm, er fühle so viel Traurigkeit in sich, weil er so einsam ist.
Der Falke breitete seine Flügel aus, umarmte den
Regenbogen mit seinen Schwingen und antwortete glücklich "Du musst nie wieder
traurig sein - ich bleibe bei dir- für immer und alle Zeit werde ich dich
lieben, dein Leuchten, deine Wärme - mein wahr gewordener Traum."
Einen Augenblick lang schien der Regenbogen all seine
Ängste zu vergessen und gab sich nur dem Gefühl der Geborgenheit und des Glücks
hin. doch dann mahnte ihn seine Erfahrung und sein Verstand, sie wussten es
besser als der Falke.
Eine Träne rann dem Regenbogen über seine
Farbenpracht.
Der Falke erschrak, doch der Regenbogen streichelte
mit seinen Strahlen sanft sein Gefieder und flüsterte ihm zu: "Mein Leuchten,
meine Wärme, wirst du für immer in deinem Herzen tragen, Nichts wünschte ich mir
mehr, als mit dir über Meere und Wälder auf den Schwingen des Windes durch die
Welt zu reisen. Doch der Schöpfer hat es so nicht gewollt, in einigen
Augenblicken wird mein Leuchten von diesem Ort verschwunden sein, alles was
bleiben wird, ist unsere Erinnerung an diesen Augenblick voll Wärme und Glück.
Du wirst weiter durch die Welt ziehen und irgendwann einen Gefährten finden, der
mit dir zu den Sternenlichtern fliegt und mit dem Wind an eurer Seite werdet ihr
die Abenteuer des Lebens, des Glücks und der
Liebe erleben."
Die unendliche Traurigkeit die der Falken plötzlich
in seinem Herzen
spürte, machte ihn sprachlos. Doch wollte er
widersprechen, aber schon spürte er, wie das Leuchten des Regenbogens immer mehr
verblasste, der Himmel seine Farben in sich aufnahm. Mit der letzten Kraft
seines Leuchtens rief der Regenbogen dem Falken zu: "Wo immer du auch bist,
werde ich in deinem Herzen sein, und wenn das Schicksal uns gut gesinnt ist,
werden wir uns irgendwo in diesem Universum
wieder begegnen. Hör immer auf deinen Freund, den
Wind, er wird dich zu Träumen führen."
Mit diesen letzten Worten verschmolzen die Farben des
Regenbogens mit dem Himmelsblau. Der Falke war so enttäuscht und traurig, sein
Gefieder schwer vom Regen, kraftlos breitete er seine Schwingen aus und flog
zurück zum Zauberwald.
Die Besucher des Zauberwaldes hatten diesen
Augenblick verfolgt, die Schönheit und auch die Traurigkeit dieser Begegnung
berührten sie tief und ließen sie verstummen. Der Falke landete auf seinem
vorherigen Platz und schien hoffnungslos. Hatte er doch eben seinen Traum vom
Glück gefunden, doch nur für Sekunden konnte er es festhalten, dann ließ das
Glück ihn wieder allein zurück.
Warum war das Leben so, wie sollte er jetzt
weiterfliegen, so traurig und verletzt.
Doch nun spürte er, wie die Sonnenstrahlen sein
Gefieder wärmten, der Wind strich durch seine Federn, er schloss seine scharfen
Augen und er blickte in sein Herz und wusste, der Regenbogen war dort, ganz nah
bei ihm. Der Wind begann für seinen Freund das Lied von seinen Träumen zu
singen.
Den Falken ergriff die Sehnsucht nach Freiheit und
der Erfüllung all der anderen Träume die noch in seinem Herzen wohnten.
Als er seine Augen öffnete, lächelte er Sonne und
Wind verstehend zu. Er wusste, so lange in seinem Herz die Erinnerung an diesen
Augenblick wohnte, würde ihn seine Hoffnung, dem Regenbogen noch einmal so nah
zu sein, seinen Weg durch das Leben weisen, über Meere und Wälder, durch Sonne
und Regen. Er kannte von jetzt an ein Lächeln, dass den meisten Wesen verborgen
blieb, dies war das Glück, dass ihn so tief berührte.
Er breitete kraftvoll seine Schwingen aus, bedankte
sich bei den freundlichen Gastgebern und sagte, er werde wiederkommen und ihnen
zu berichten, welche Abendteuer und wundervolle Augenblicke es in dieser Welt zu
leben und zu fühlen gibt. Freundlich lächelnd und mit der Kraft der Hoffnung und
Liebe stieg er in die Lüfte, aus dem rauschenden Zauberwald und zog mit dem
Wind, der ihn dorthin führte, wo all seine Träume sind.
Die Bewohner des Zauberwaldes waren verwirrt und
schwiegen lange, dann sprach der ältesten Baum des Waldes "Es war wirklich ein
ganz besonderer Tag heute, wir durften an einem seltenen Glück teilhaben und
sollten dankbar dafür sein. Jeder Bewohner des Zauberwaldes sollte dieses Gefühl
allen Besucher unseres Waldes zurückgeben, mit seiner Stimme, seinem Schweigen,
mit seiner bloßen Anwesenheit.
Solange wir dieses Gefühl in uns tragen und es
weitergeben, so lange wird der Zauberwald bestehen." Die Bewohner des Waldes
blickten in das Himmelblau, sie hatten den Moment des Glücks verstanden und
fühlten die Sonnenstrahlen, die wärmer waren als jemals zuvor.