Im Jahr 1842 gelang es Werner Siemens, einen Teelöffel aus Neusilber mit Hilfe
des aus Batterien stammenden Gleichstromes mit einem Überzug wahlweise aus
Silber oder Gold zu versehen, womit er zum Begründer der
Galvanotechnik wurde. Für dieses Verfahren bekam er ein Patent, das er an einen
Juwelier verkaufte. Mit dem Erlös aus diesem Geschäft schickte er seinen damals
18jährigen Bruder Wilhelm nach England, das zu dieser Zeit in der Technik und
Industrialisierung viel weiter fortgeschritten war als das in viele Teilstaaten
zersplitterte Deutschland.
Ende 1846 entwickelte er den elektrischen Zeigertelegraphen mit
Selbstunterbrechung. Im Jahr darauf erfand er ein Verfahren , um Drähte mit
einer nahtlosen Umhüllung aus Guttapercha zu versehen. Dieses Verfahren bildet
bis heute die Grundlage zur Herstellung isolierter Leitungen und elektrischer
Kabel.
1857 entwickelte Siemens die Ozonröhre, die elektrisch erzeugtes Ozon zur
Reinigung von Trinkwasser verwendet.
1857 Formulierung des Gegenstromprinzipes.
1866 entdeckte er 15 Jahre nach dem Dänen Søren Hjorth und fünf Jahre nach dem
Ungar Ányos Jedlik als dritter das dynamoelektrische Prinzip und baute eine
erste Dynamomaschine. Werner von Siemens war allerdings der erste, der der
Selbsterregung eine große Bedeutung für die Erzeugung elektrischer Energie
voraus zu sagen glaubte. Die moderne Technik der Stromerzeugung ging andere
Wege: Dort wird das Prinzip der Fremderregung angewandt. Der dänischen
Eisenbahningenieur Søren Hjorth (1801-1870) erhielt bereits 1854 ein Patent für
eine Maschine, die Dauer- und Elektromagnete enthielt. Auch sie nutzte bereits
die Selbsterregung. Siemens glaubte fest an den Siegeszug der elektrischen
Energie, der mit der Dynamomaschine möglich erschien. Aber es gab noch zu wenig
praktikable Anwendungen, um der neuen Technologie zum Durchbruch zu verhelfen.
Der Unternehmer Werner von Siemens
Am 12. Oktober 1847 gründete er - noch immer im Hauptberuf
Offizier - mit dem Mechaniker Johann Georg Halske in Berlin die
Telegraphenbau-Anstalt von Siemens & Halske. Das notwendige Kapital zur
Firmengründung kam von Siemens' Vetter Johann Georg Siemens, einem wohlhabenden
Justizrat und Vater des späteres Mitbegründers der Deutschen Bank, Georg
Siemens. Er investierte mehr als 6000 Taler als Startkapital gegen eine
20-prozentige Gewinnbeteiligung über sechs Jahre.
Die Verbindung von Siemens und Halske war wohl ein seltener Glücksfall in der
Technikgeschichte, denn sie ergänzten sich auf nahezu ideale Weise. Siemens
hatte das Wissen, die Ideen und experimentierte gerne, Halske konstruierte die
unendlich vielen Kleinigkeiten die notwendig waren, um aus Ideen praktisch
nutzbare Geräte zu machen.
1848 erhielt das junge Unternehmen einen politisch wichtigen Auftrag - die
Telegraphenleitung von Berlin nach Frankfurt am Main, denn dort tagte die
deutsche Nationalversammlung. Die Leitung wurde noch im Winter 1848/49 mit
Geräten und Kabeln von Siemens & Halske gebaut. Dass die Nationalversammlung
König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserwürde antragen wollte, wusste
dieser schon eine Stunde nach der Abstimmung, eine Woche bevor die
Kaiserdeputation in Berlin ankam.
Damit wurde Siemens & Halske auf einen Schlag bekannt und weitere Aufträge zum
Bau von Telegraphenverbindungen in Preußen und den deutschen Staaten folgten.
Siemens versuchte früh auch auf außerdeutschen Märkten Fuß zu fassen, zumal er
mit der preußischen Telegraphenverwaltung bald in Streit geriet und von dieser
über viele Jahre keine Aufträge mehr erhielt. Er betraute seinen Bruder Wilhelm
mit der Leitung einer ersten Auslandsniederlassung in London. Auch in Russland
bemühte er sich um Aufträge. Ein erster Erfolg war 1852 der Auftrag zur
Errichtung von Telegraphenverbindungen von Warschau nach St. Petersburg und von
St. Petersburg nach Moskau.
1853 schickte Siemens seinen Bruder Carl nach St. Petersburg, um den Bau zu überwachen. Dabei bewährte sich Carl schnell als fähiger Unternehmer und weitere Aufträge für das russische Telegraphennetz folgten.
1855 wurde das russische Geschäft unter Leitung Carls in eine
Zweigniederlassung umgewandelt und etablierte sich als wichtige Stütze von
Siemens & Halske. Aufträge kamen auch aus England, wo eine eigene Kabelfabrik
errichtet wurde.
Es gab auch Rückschläge, beispielsweise scheiterte 1864 die Verlegung eines
Seekabels von Cartagena nach Oran, was dem Unternehmen empfindliche Verluste
bescherte. Halske, der risikoreiche Unternehmungen hasste, verlangte, sich von
der verlustreichen Niederlassung in London zu trennen. Siemens wollte den Bruder
nicht im Stich lassen, gliederte die Londoner Niederlassung aus Siemens & Halske
aus und gründete 1865 mit Wilhelm und Carl in London die Siemens Brothers & Co.
Aber die Meinungsverschiedenheiten zwischen Halske und den Siemens-Brüdern
blieben bestehen und führten Ende 1867 nach zwanzig Jahren zum Rückzug von
Halske aus der Firma. Die Brüder Wilhelm und Carl wurden nach dem Ausscheiden
Halskes die einzigen Teilhaber ihres Bruders Werner: Siemens & Halske wurde zum
Familienunternehmen der Siemens-Brüder.
1870 ging nach dreijähriger Bauzeit die Indo-Europäische
Telegraphenlinie von London über Teheran nach Kalkutta mit einer Länge von über
11.000 Kilometern in Betrieb.
* 1879 die erste elektrische Eisenbahn und die erste elektrische
Straßenbeleuchtung (in Berlin)
* 1880 der erste elektrische Aufzug (in Mannheim)
* 1881 die erste elektrische Straßenbahn (in Berlin-Lichterfelde)
Politisches und soziales Engagement
Siemens unterstützte die Deutsche Revolution 1848/49. 1860 wurde er
Mitglied des liberalen Deutschen Nationalvereins. 1861 war er Mitbegründer der
Deutschen Fortschrittspartei (DFP). 1863 wurde er in das Preußische
Abgeordnetenhaus gewählt, gehörte ihm bis 1866 an. Im Preußischen
Verfassungskonflikt stimmte er gegen die Indemnitätsvorlage Otto von Bismarcks.
Siemens machte sich schon früh Gedanken um das Schicksal seiner Leute. Die
normale Entlohnung erschien ihm nicht ausreichend: Mir würde das Geld wie
glühendes Eisen in der Hand brennen, wenn ich den treuen Gehülfen nicht den
erwarteten Anteil gäbe. Neben altruistischen Motiven veranlassten ihn auch
firmentaktische Beweggründe zu einem solchen Vorgehen, wie er in einem Brief an
seinen Bruder Carl schrieb: Es wäre auch nicht klug von uns, sie leer ausgehen
zu lassen im Augenblicke großer neuer Unternehmungen.
Leitende Mitarbeiter hatten schon seit Mitte der 1850er Jahre Verträge, die
ihnen erfolgsabhängige Tantiemen zusicherten, rangniedrigere Mitarbeiter bekamen
- nicht vertraglich festgelegte - Prämien. Ab Mitte der 1860er zahlte Siemens &
Halske eine so genannte Inventurprämie an alle Arbeiter und Angestellten, eine
frühe Form des Leistungsanreizes und ein Vorläufer der heutigen
Erfolgsbeteiligung. Dies alles waren Maßnahmen, um qualifizierte Mitarbeiter an
Siemens & Halske zu binden und einen festen Arbeiterstamm zu bilden.
1872 gründete Siemens die Pensions-, Witwen- und Waisenkasse, an der sich auch
Halske, der dem Unternehmen schon nicht mehr angehörte, beteiligte. Eine weitere
sozialpolitsche Maßnahme war die 1873 erfolgte Einführung des
9-Stunden-Arbeitstags.