Die Bergleute wussten keinen Rat mehr. Der Bedarf an Kohle zog
mächtig an, die Schächte mussten immer tiefer abgeteuft
werden, aber es gab kein Mittel, um des eindringenden Wassers Herr zu werden.
Viele der englischen Bergwerke ersoffen und mussten aufgegeben werden.
Der französische Naturforscher Denis Papin (1647 bis 1712) - ihm
verdanken unsere Hausfrauen übrigens den zeitsparenden Dampfkochtopf
- beschäftigte sich Ende des 17. Jahrhunderts mit dem Problem einer
dampfgetriebenen Pumpe. Aber die Technik seiner Zeit war noch nicht genügend
fortgeschritten, um eine funktionierende Maschine herzustellen. Mehr Erfolg
als Papin hatte der englische Schmied Thomas Newcomen (1663 bis 1729),
dessen Dampfpumpe 1711 erstmals in einem Bergwerk eingesetzt wurde. Es
war ein ungeschlachter Apparat, aber er funktionierte.
Allerdings verbrauchte diese Pumpe für ihre zwölf Hübe
in der Minute eine Unmenge an Kohle, weil der jedes Mal abkühlende
Zylinder mit viel Dampf wieder aufgeheizt werden mußte. Als James
Watt ein Modell dieser Pumpe in die Hand bekam, erkannte er ihre wirtschaftlichen
Nachteile sofort.
James Watt war am 19. Januar 1736 in dem kleinen Ort Greenock-on-Clyde
im westlichen Schottland geboren worden. In seines Vaters Schiffsbau- und
Instrumentenwerkstatt lernte er schon früh, geschickt mit Werkzeugen
umzugehen. In der Schule fiel er durch seine mathematische Begabung auf.
Das war, zusammen mit seiner handwerklichen Neigung, der Grund, warum sein
Vater ihn Mechaniker werden lassen wollte. Da sich im nahen Glasgow keine
geeignete Lehrstelle fand, schickte der Vater den nunmehr Achtzehnjährigen
nach London. Er erreichte die Hauptstadt zu Pferd in zwölf Tagen,
eine Strecke, die man heute mit der Eisenbahn in sieben Stunden zurücklegt.
Ein Instrumentenmacher nahm ihn in die Lehre.
Als Einundzwanzigjähriger kehrte James Watt im Juni 1757 heim.
Im selben Jahr übernahm ihn die Universität in Glasgow als
"Mathematical- instrument- maker" und stellte ihm eine Werkstatt zur Verfügung.
Und da geschah es, dass er 1763 ein Modell der Newcomenschen "Feuermaschine"
zur Reparatur bekam. Von diesem Augenblick an ließ ihn der Gedanke,
eine rationell arbeitende Maschine zu konstruieren, keine Ruhe mehr.
Bald fand er die Lösung: Man mußte neben den Zylinder, in
dem der Kolben läuft und der immer heiß bleiben muss, einen
zweiten Zylinder setzen, in den der Dampf nach getaner Arbeit entweichen
und kondensieren kann. Und man mußte den ersten Zylinder auch oben
abschließen, so dass nicht mehr der Druck der äußeren
Luft, sondern der Sog des entweichenden Dampfes den Kolben zurückbewegte.
Ein Versuchsmodell dieser Art, das er 1765 baute, befindet sich heute im
Science Museum in London.
Das Problem war damit gedanklich gelöst, aber bis zur praktischen
Realisierung war es noch ein weiter Weg. Erst 1768 konnte er mit Hilfe
des Arztes und Stahlwerkbesitzers John Roebuck darangehen, eine größere
Versuchsmaschine zu bauen. 1769 erhielt Watt auf seine Erfindung das Patent
Nr.913. In dieser Zeit ging es ihm jedoch wirtschaftlich so schlecht, dass
er gezwungen war, bis 1773 eine Stellung als Landvermesser anzunehmen,
um Geld zu verdienen.
Auch Roebuck geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Aber als alles
verloren schien, hatte James Watt das Glück, mit dem cleveren Unternehmer
Matthew Boulton in Verbindung zu kommen. 1774 siedelte er noch Soho bei
Birmingham über und ging mit Boulton, dem Besitzer eines großen
Metallwerkes, eine Arbeitsgemeinschaft ein. Beiden gelang es, Watts Patent
verlängert zu bekommen. Endlich im März 1776 konnten die beiden
ersten Maschinen in Betrieb genommen werden: die eine in einem Bergwerk
zur Wasserhaltung, die andere in einer Eisenhütte zum Gebläseantrieb;
weitere folgten im Bergbaugebiet um Cornwall. Der Durchbruch war gelungen,
zumal es sich zeigte, dass die Wattsche Maschine gegenüber anderen
Konstruktionen drei Viertel der Kohlenmenge einsparte. Watt und Boulton
verkauften deshalb ihre Maschinen nicht, sondern forderten ein Drittel
der Kostenersparnis als Miete. Diese Maschine produzierte freilich nur
eine linear auf- und abgehende Bewegung, wie sie für das Pumpen ausreichte,
nicht aber für den Antrieb der Maschinen, die in den vielen um diese
Zeit entstehenden Fabriken noch von Menschenkraft bewegt wurden. James
Watt löste auch dieses Problem, indem er die Linearbewegung durch
ein genial erdachtes Planetengetriebe auf ein Schwungrad übertrug.
Mit Drosselklappe und Zentrifugalregulator ausgestattet, war die doppelt
wirkende Wattsche Dampfmaschine 1785 Fabrikationsreif und trat ihren Siegeszug
in die verschiedenen Industriezweige, vor allem zunächst in die Textilindustrie
und die Mühlenbetriebe, an. Das Zeitalter der Industrialisierung mit
all seinen wirtschaftlichen und sozialen Folgen hatte begonnen.
James Watt wurde Mitglied der Royal Society und erhielt die Ehrendoktorwürde
der Universität Glasgow. Um 1800 zog er sich, 64jährig, aus dem
Dampfmaschinengeschäft zurück. Als er 1819 starb, trauerte die
Welt um den genialen Erfinder. Seine Grabstätte ist nicht mehr bekannt,
aber seit 1824 steht sein Monument in der Westminster-Abtei neben den Grabmälern
der Großen seines Landes.